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Sonne, Wäsche und die Deutsche Bahn von 1938 – Teil III

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Als ich dann, kurz nach Mitternacht, in Düsseldorf ankam, stieg ich aus und schaute auf den Fahrplan, um zu sehen, auf welches Gleis ich mich begeben müsse, um den Regionalzug um 0:40 nach Köln zu nehmen. Ich entdeckte, dass in einigen wenigen Minuten zwei ICEs den direkten Weg nach Köln fahren würden! Also fragte ich den Schaffner, der noch dastand noch mal: „Ich habe hier gerade gesehen, dass hier zwei ICE direkt nach Köln fahren, die sind doch viel früher als die Regionalbahn da, warum haben Sie die denn nicht angesagt?“
Schaffner: Das ist richtig, die fahren. Die dürfen Sie aber nicht nehmen.
ich: Warum nicht?
Schaffner: Sie haben nur ein Regionalbahn-Ticket.
Ich: Aber der Zug, für den ich ein Ticket habe, fiel aus!
Schaffner: Das ist egal, Sie können die Regionalbahn in einer Dreiviertel-Stunde nehmen.
Ich: Was spricht denn dagegen, dass ich den ICE nehme?
Schaffner: Sie dürfen den nicht nehmen, Sie dürfen nur mit der Regionalbahn fahren, das geht auf eine Verordnung aus dem Jahre 1938 zurück.

Abgesehen davon, dass es 1938 keine ICEs, geschweige denn die Deutsche Bahn gab, wendete sich der kleine, dicke, hässliche Schaffner in dem Gespräch ständig von mir ab und ging einige Schritte weg von mir. Allerdings folgte ich ihm, nur da er kein Benehmen hat, muss er mir ja nicht mitten im Gespräch abhauen und mich bedröppelt da stehen lassen. Ich erzählte ihm, dass die Gesetze aus dem Nationalsozialismus in diesem Moment vielleicht egal seien und die Bahn eventuell doch auch ein Interesse daran habe, gute Kunden zu haben. Wenn einem gesagt würde, warum der Zug von Krefeld nach Köln ausfallen würde, dann wäre man vielleicht nicht so sauer und man hätte vielleicht Verständnis dafür. Aber, so der Schaffner, warum der Zug ausfallen würde, würde mich nichts angehen. Ich erzählte ihm, als er sich schon wieder aus dem Staub machen wollte, dass ich, wenn ich vorher gewusst hätte, dass der Zug nicht fährt und dass man die direkten Anschlusszüge in Düsseldorf nicht nehmen darf, mir vielleicht eine Alternative überlegt hätte. „Tja, es gäbe aber keine Alternative“ grinste Schills treuester Schüler, als ob er noch nie etwas von Autos gehört hätte. „Ich nehme jetzt einfach den ICE, hindern Sie mich doch dran.“ sagte ich, und ließ nun meinerseits das Arschloch stehen.

Im – fast leeren – ICE pflanzte ich mich auf einen Sitz und wartete darauf, dass die Schaffner ihren Weg durch den Zug machen. Sollen Sie mich doch rausschmeißen, der nächste Halt war sowieso Köln, dachte ich mir. Wenn Sie mir Geld hätten abknöpfen wollen wegen ICE-Zuschlag oder so, hätte ich dann der Bahn einfach eine Rechnung geschrieben. Kurz nach Abfahrt kam der Schaffner des ICE. „Ihre Fahrkarte, bitte!“ – „Ich habe noch keine, ich sehe aber auch nicht ein, warum ich mir noch eine zusätzliche Fahrkarte kaufen soll, denn ich hatte ein Ticket von Krefeld nach Köln mit der Regionalbahn und der Zug fuhr nicht und die haben uns gesagt, wie sollen uns in die Regionalbahn nach Düsseldorf setzen und von dort aus denn kucken, wie wir nach Köln kommen.“ – „Aha, verstehe. Und haben Sie davon noch ein Ticket? Kann ich das mal sehen?“

Ich war schon auf die Auseinandersetzung, die folgen würde gespannt, doch der Kontrolleur nahm einfach das Ticket, knipste es ab und sagte „Schöne Reise noch.“

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Sonne, Wäsche und die Deutsche Bahn von 1938 – Teil II

HIER GEHT ES ZUM ERSTEN TEIL!

Nach dem Auftritt machte ich mich auf den Heimweg. Am Bahnhof Krefeld erwarb ich ein Regional-Express (früher: Bummelzug) – Ticket für die Bahn um 23:35 nach Köln. Als ich dann, kurz vor der eigentlichen Abfahrt, am Gleis ankam, kam eine Durchsage, dass der Zug heute ausfalle, und dass man stattdessen die an einem anderen Gleis stehende Regionalbahn nach Düsseldorf nehmen solle, und von da aus käme man dann schon irgendwie nach Köln.

Den Schaffner von der Regionalbahn nach Düsseldorf habe ich dann gefragt, warum denn der andere Zug heute nicht fahre und er meinte „Das kann ich Ihnen nicht sagen, dass ist nicht von Belang.“ In diesem Moment fuhr der Regionalexpress nach Köln auf dem anderen Gleis ein. Der Schaffner versicherte mir aber, dass er nicht weiterfahren würde. Ich fragte ihn abermals, warum denn der Zug nicht weiterfahre, er sei doch pünktlich und man habe ja gerade eben gesehen, dass er fahren könne, aber er meinte, das habe die Leitstelle so entschieden und dann frage er nicht nach und mich würde das nichts angehen.

Ein weiterer erzürnter Fahrgast fragte dann nach, wie er denn dann in Düsseldorf weiterfahren solle. Der Schaffner sagte ihm, dass er entweder um 0:30 die S-Bahn nehmen könne, oder um 0:40 ein Regionalbahn, man würde dann 1 Uhr soundso in Köln ankommen. Der erzürnte Fahrgast meinte dann, dass das dann ja eine Verspätung von über einer Stunde sei, da könne man doch wenigstens erwarten, dass die Bahn das Geld der Fahrkarte zurückerstattet, wenn sie nach Lust und Laune einfach Züge aussetze. Der Schaffner korrigierte allerdings: „Nein, dem ist nicht so. Bei Regionalzügen haben wir keine Pflicht, Karten zurückzuerstatten.“ Übersetzt: Wir geben dem Kunden nur das, wozu wir gesetzlich verpflichtet sind, mehr nicht und auf gar keinen Fall, sonst könnte er uns ja noch für nett und sympathisch halten. Der Schaffner wies darauf hin, dass dies auf eine gesetzliche Verordnung aus dem Jahre 1938 zurückging. „Aus der Zeit des Nationalsozialismus!“ wie der erzürnte Fahrgast zynisch bemerkte, „Richtig!“, wie der Schaffner freudig verkündete, als könne die Bahn darauf stolz sein. „Na das müsste man ja mal dem Kölner Express melden, das fände die Bahn bestimmt nicht so toll, wenn der so was veröffentlicht“, hoffte der erzürnte Fahrgast, fast schon sehend, dass der kleine miese Schaffner doch wieder als Gewinner hervorging. Und er hatte Recht, der Schaffner meinte: „Da stand das schon drin, daher weiß ich es ja.“

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Sonne, Wäsche und die Deutsche Bahn von 1938 – Teil 1

Vor einigen Tagen war es so sonnig, dass ich gleich drei Wäscheladungen wusch und diese auf dem Balkon zum Trocknen aufhängte. Nichts Böses denkend ließ ich sie über Nacht da hängen und wachte am nächsten Morgen auf, nur um festzustellen, dass es über Nacht geregnet hatte. Große Panik – muss ich jetzt alles noch mal Waschen? Kurz mal die Mutter angerufen, die so was wissen muss, schließlich hat sie ja zwei riesige Balkons. Zum Glück gab es Entwarnung, nein, ich müsse die Wäsche nicht noch mal Waschen, Regen sei doch auch nur Wasser, dass trockne doch wieder. Auf meinen Einwand hin, dass der Regen doch sauer sein könnte, reagierte sie gekonnt mit „Aber doch nicht auf Dich, lieber Junge.“ Irgendwelche Chemikalien und Umweltgifte seien nicht zu befürchten, höchstens Blütenpollen können die Klamotten komisch färben. Aber das hat ja schon meine thailändische Fischerhose getan, daher ließ ich alles zum nochmaligen Trocknen hängen und machte mich dann nachmittags bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg zum Kölner Bahnhof, wo ich einen Zug zu meinem Auftritt in Krefeld nehmen wollte.

Am Bahnhof verteilten uniformierte Angestellte einer Firma die Zigarillo mit Filter herstellt kostenlose Probepäckchen an Alle, die an Ihnen vorbeigingen. Kinder, Bettler, Rentner, Reisende, Großfamilien – Alle? Fast Alle. Ich ging dreimal langsam und mit großen Gesten an denen vorbei, aber ich bekam kein Geschenk ab. Ich habe diese Eigenschaft bei solchen Aktionen immer unsichtbar zu sein. Man könnte meinen, dass sei auch manchmal von Vorteil, aber leider klappt der Trick nur, wenn etwas verschenkt wird. Bei Unterschriftenaktionen und Mitgliedswerbung von zwielichtigen Tierschutzvereinen, rechtsradikalen Videoringen oder Marktforschungsinstituten mit jährlichem Mitgliedsbeitrag klappt das leider nicht. Die sprechen mich immer an. Fernsehteams, die mir die Chance geben würden meine unglaubliche Intelligenz, meinen Charme und meinen Witz zu tagesaktuellen politischen Umfragen zu präsentieren ignorieren mich hingegen immer.

Als ich dann im Zug nach Krefeld saß, und die Regentropfen an das Abteilfenster prasselten fiel mir ein, dass ich etwas vergessen hatte. Die Wäsche vorsorglich vom Balkon zu nehmen.

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Beobachtungen

  • Aus dem Supermarkt kam eine Frau heraus, die den Einkaufswagen zu ihrem weit entfernt geparkten Auto mitnahm. Inhalt im Wagen: 1 Colaflasche und sonst nix.
  • Ich bin an einem Reformhaus vorbeigekommen. Woher der Name? Welche Reform ist gemeint? Die Gesundheitsreform? Jedenfalls ist es erstaunlich, dass in Reformhäusern immer Verkäuferinnen arbeiten, die schon mehr als dick sind. Das kann mich wirklich nicht überzeugen, dass der Körnerkram gesünder ist als normales Futter.
  • Manchmal kann man schon an einem einfachen „ja“ erkennen, ob jemand ein angenehmer Zeitgenosse ist, oder nicht.

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