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Cascada „Glorious“ ist kein Plagiat

Es ist jedes Mal das Gleiche: Jedes Jahr gewinnt ein Lied den nationalen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest und es dauert nicht lange, da tauchen überall Plagiatsvorwürfe auf. So auch dieses Jahr, dass für den ESC 2013 qualifizierte Lied „Glorious“ von Cascada sein ein Plagiat des Siegerliedes des letzten Jahres „Euphoria“ von Loreen. Aber stimmt das wirklich? Die musikwissenschaftliche Analyse findet vor allem eins heraus: Was in der Zeitung steht, ist meistens Müll.

Es ist ganz klar, das Lied „Glorious“ ist schlecht, richtig schlecht und es ist auch ganz klar, dass versucht wurde, möglichst ähnlich wie „Euphoria“ zu klingen und alles anzuwenden, was zum Sieg von Loreen geführt hat (wobei natürlich völlig außer acht gelassen wurde, dass die Sängerin von Cascada weder so tanzen kann wie Loreen, noch auch annähernd so interessant aussieht).

Aber inspiriert ist noch lange kein Plagiat. Cascada ist kein Plagiat. Musik besteht aus Tönen, die gibt es nur in einer begrenzten Anzahl, Töne werden zu Akkorden zusammengefasst, die gibt es erst Recht in einer begrenzten Anzahl und ein starke Ähnlichkeit ist vorhanden, es ist ja auch quasi eine Imitation, trotzdem ist das Lied nicht das gleiche Lied, es ist kein Plagiat, es wurde nicht geklaut.

Ich bin etwas enttäuscht, dass Spiegel Online einen Artikel über die Vorwürfe geschrieben hat und von den Nachforschungen der Bild am Sonntag berichtet. Das finde ich ja schon ein Unding, dass Spiegel sich ausgerechnet auf die BILD bezieht, es hieß das Blatt „ließ die Musikdateien beider Titel prüfen“ – vom Institut der Sprachwissenschaften der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Ohne groß nachzudenken merkt man da schon mal den ersten Fehler: Am Institut für Sprachwissenschaften. Ein Lied sollte man aber nicht im Institut für Sprachwissenschaften auf Plagiate analysieren, sondern am Institut für Musikwissenschaften. Logisch. Sprachwissenschaften hat damit gar nichts zu tun, das waren nur wieder irgendwelche Wichtigtuer die in die Zeitung wollten, um ihr Institut ins Gespräch zu bringen.

Ich kann mir auch schon vorstellen, wie das lief, Bild wollte einen Skandal und rief bei den Musikwissenschaftlichen Instituten an, die sagten entweder „Blödsinn“ oder „für so einen Blödsinn haben wir keine Zeit“ oder „Nee, ist kein Plagiat“. Das ist Bild aber keine Story wert und sie suchen weiter, bis jemand – unabhängig vom Wahrheitsgehalt – das behauptet, was sie behaupten wollen.

Die haben die beiden Titel angeblich durch ein Sprachanalyseprogramm gejagt und dass sie Lautstärke und Frequenz der Titel gut vergleichen lassen. So. Erst mal Frequenz. „Frequenz“ „gibt die Anzahl sich periodisch wiederholender Vorgänge an, bezogen auf die Zeit, für die diese Anzahl gilt.“ (wikipedia) – im Bereich der Musik ist das quasi die Wellenlänge, also die Tonhöhe. Ein Ton hat eine bestimmte Frequenz. Ein Ton. Nicht ein Lied. Ein Lied besteht aus vielen Frequenzen und ich würde sagen, die meisten Songs haben tiefe Töne und auch hohe Töne. Jedes Lied hat ungefähr das gleiche Frequenzspektrum, nämlich das, dass das menschliche Ohr hören kann.

Und Lautstärke? Hallo? Ein Partysong sei ein Plagiat von einem Partysong weil beide laut sind? Geht’s noch? Außerdem werden die doch alle durch den Kompressor gejagt, damit aus dem Fernseher möglichst immer die gleiche Lautstärke rauskommt. In der Konzerthalle übrigens auch. Selbst eine Ballade wird auf die gleiche Halle gesetzt, damit das Publikum nicht plötzlich stiller sein muss, um zu hören, was da auf der Bühne passiert. Also Frequenz und Lautstärke, da kann man alle Titel miteinander vergleichen und es kommt „Plagiat“ bei raus. Ach nee, nicht Plagiat, sondern „Musikstück“. Das Sprachwissenschaftliche Institut hat also festgestellt, dass es sich bei dem Song nicht um Sprache, sondern Musik handelt. Krass.

Bild hat dann tatsächlich eine Grafik angezeigt, wo der Aufbau beider Lieder gezeigt und verglichen wurde, es sei wirklich sehr verdächtig:

Einleitung / Refrain / Überleitung / Refrain / Zwischenspiel / Refrain / Ende

Okay, Einleitung: Jedes Lied hat eine Einleitung, man nennt es den Anfang. Jedes Lied hat einen Anfang. Ohne Anfang kein Lied. Fällt das schon mal weg. Ende: Jedes Lied hat ein Ende, sonst würde es nicht aufhören. Refrain: Nicht jedes Lied hat einen Refrain, aber mir ist kein Lied beim Eurovision Song Contest bekannt und auch kein Lied das sonst so im Radio läuft, das keinen Refrain hat. Und die meisten haben – wie Glorious und Euphoria – den Refrain 3mal.

Dann noch „Überleitung“ und „Zwischenspiel“, wobei nicht klar ist, was denn der Unterschied sein soll. Wir nennen es einfach mal „Strophe“. Na huch? Also ein klassisches Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Strophe-Refrain Lied. So wie schätzungsweise 9 von 10 ESC oder Radiosongs. Boah, voll geklaut.

Wenn man das dann auf 3 Minuten Länge setzt, weil die Lieder beim Eurovision Song Contest nicht länger als 3 Minuten sein dürfen und daher fast alle Lieder diese 3 Minuten komplett ausnutzen, hat man auch noch zeitlich den gleichen Ablauf. Bei allen.

Ich habe mir die Aufzeichnung vom Vorentscheid noch einmal genau angeschaut und das einzige was auffällt ist: Das Lied ist kein Plagiat, das Lied ist richtig schlecht, aber das verhindert Alles keine Teilnahme am Eurovision Song Contest, ABER: Es ist 3 Minuten 27 Sekunden lang! Und die Lieder dürfen nur 3 Minuten lang sein. Wenn das nicht gekürzt wird, wird es disqualifiziert.

Also kriegt Euch wieder ein, die Vorwürfe wird es immer geben, Roman Lobs Lied von letztem Jahr hat dieselben Akkorde gehabt, wie das aserbaidjanische Siegerlied vom Jahr davor. Hat auch niemand gestört.

Hier noch das dazugehörige Video:

ESC 2013 der Impro: Schweizer Käse Reggae

Aus der Kategorie: „Das improvisierte Lied am Freitag

Heidi aus der Schweiz singt und jodelt Käse

Wir befinden uns beim Eurovision Song Contest der Improvisation, unsere nächste Teilnehmerin kommt aus der Schweiz und singt den Käse Reggae. Natürlich darf auch ein Jodeln nicht fehlen.

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