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Tanzverbot! Der Gottesstaat NRW

karfreitag ostern

Sehr geehrte Damen und Herren,

fürchtet Euch nicht, wenn ihr katholisch seid. Wenn aber nicht, dann habt ihr in Nordrhein-Westfalen Pech gehabt. Denn dort herrscht heute tatsächlich Tanzverbot. Gut, dass Sonntags die Geschäfte zu haben, habe ich als Atheist schweren Herzens hinnehmen müssen, auch an den gesetzlichen Feiertagen, doch aus welchem Mittelalter die Regelung kommt, dass man tatsächlich heute nicht tanzen darf – mir verschlägt es die Sprache.

Und nicht nur die Discotheken haben heute geschlossen (und zwar schon seit Gründonnerstag 18 Uhr), auch der Theaterbetrieb darf nicht weiterlaufen. Was wie aus fundamentalistischen Kreisen klingt und man sich in Afghanistan, im Iran oder den USA vorstellen kann, ist bittere Realität in Köln.

Wer hier versucht heute am Karfreitag eine Theatervorstellung zu machen, wird hart bestraft. Nicht vom Gott, sondern von der Stadt. Mit bis zu 4000 Euro Strafe wird gedroht. 2010 war ich dafür, dass man einen dieser von mir ansonsten nur mit müder Langeweile bedachten Michael Jackson Flashmobs auf den Straßen Kölns starten sollte. Alle bitte tanzen bis zur Festnahme – egal wo. Mittlerweile wird das tatsächlich gemacht!

Tatsächlich sind bis Karsamstag, 6 Uhr keine öffentlichen Veranstaltungen erlaubt, Märkte, Pferderennen, Zirkus, Volksfeste tänzerische und artistische Darbietungen, Unterhaltungsdarbietungen in Gaststätten und Discotheken – alles verboten, genauso wie Autowaschanlagen und Videotheken. Ach so, Wohnungsumzüge sind ebenfalls verboten.

Kinos dürfen allerdings offen haben und Filme zeigen. Ich habe da ein paar Vorschläge:

1. Footloose

Der Film mit Kevin Bacon als Rockliebhaber, der in eine Kleinstadt zieht, in der Rockmusik, Alkohol und Tanzen verboten sind. Laut Wikipedia basiert der Film sogar auf einer wahren Begebenheit:

„In Elmore City, einer Kleinstadt in Oklahoma, herrschte seit dem Jahr 1861 ein Tanzverbot. Erst 1980 wagten es die Teenager der Stadt, öffentlich gegen dieses Gesetz aufzubegehren. Es war ein Kampf zwischen der Jugend und der konservativen Kirchengemeinde. Als dort nach 120 Jahren eine erste Tanzveranstaltung organisiert wurde, berichtete ganz Amerika darüber.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Footloose)

2. Happy Feet

Ein tanzender Pinguin ist seltsamer weise ein Außenseiter. Tanzen eigentlich Nonnen? Wie dem auch sei, am Ende setzt er sich steppenderweise durch und die Menschen hören daraufhin mit der Überfischung der Meere auf. Ähm.

3. Swing Kids

Gemeiner Vergleich, ich weiß.

Und natürlich

4. Dirty Dancing

Wem fallen noch mehr passende Filme ein? Bitte in die Kommentare.

Allerdings ist das Fernsehprogramm – zwar nicht in tänzerischer Absicht, aber dennoch – beachtlich. Auf RTL II läuft „der Exorzist“ und „Hellraiser 8 – Hellworld“. Frohe Ostern.

Wen darf man foltern und wen nicht?

Nachdem dem Kindesentführer und Mörder Gäfgen vor Gericht ein Schmerzensgeld zugesprochen wurde, weil ein Polizist ihm Folter angedroht hatte, machte sich in Deutschland wieder schnell eine Lynchmob-Mentaltität breit, voller Empörung, wie so etwas sein könne, dass „so einer“ so etwas zugesprochen bekommt. Da liegt aber der fundamentale Denkfehler drin, der unseren Rechtsstaat vom Mittelalter unterscheidet: Ein Unrecht ist ein Unrecht und der Staat bemüht sich, dagegen vorzugehen, egal wem dieses Unrecht widerfährt, egal ob es ein guter Mensch, ein Arschloch oder ein Kindesmörder ist, Recht steht jedem zu. Sollte es zumindest.

Zu einem Rechtsstaat gehört auch, dass Gäfgen für seine Tat vor Gericht gekommen ist und zu einer angemessenen Strafe verurteilt wurde und nicht dem wütenden Mob zum Fraß vorgeworfen wurde. Dennoch würden viele ihm am liebsten auch die Kehle durchschneiden oder zumindest fordern, dass es auch jemand anderes tut. Allen voran die dreckige BILD-Zeitung, die von einem „Schand-Urteil“ spricht und fragt „In was für einem Land leben wir eigentlich?“

Na in einem Rechtsstaat. An den die BILD-Zeitung anscheinend nicht so richtig glaubt. Und sich anmaßt Deutschlands Richter zu sein, denn sie kennen sich mit ihre Hetze ja besser aus, als Richter. Ein Schandurteil wäre etwas ganz anderes, ein Schand-Urteil wäre, wenn Polizisten hier in Deutschland Verdächtigen Folter androhen dürften, ohne dafür Probleme zu bekommen. Da ist auch keine Ausnahme zu machen, auch keinem „dringend Tatverdächtigen“ und auch keinem bereits überführten, darf Folter angedroht werden. Punkt.

Folter ist ja wieder in. Bush und Cheney meinten mit Waterboarding einen „Kampf gegen den Terror“ führen zu müssen, TV-Serien wie „24“ lassen einen glauben, mit Folter Terrorattentate verhindern zu können, aber – wie so alles, was viele Menschen glauben, hat das mit der Wahrheit oft nur wenig zu tun.

Fakt ist: Folter ist ein reines Machtinstrument. Folter führt nicht zu Erfolg, in der Regel ist das Gegenteil der Fall und Folter ist sogar hinderlich. Folter ist kein Ermittlungswerkzeug, kein Recherche-Tool, mit Folter findet man nichts heraus, mit Folter kann man keine Verdächtigen „knacken“, Folter führt nicht dazu, dass der Gefolterte die Informationen rausrückt, Folter führt nur dazu, dass der Gefolterte das sagt, was die Folterer hören wollen. Egal ob es stimmt oder nicht.

Spanische Inquisition? Mit Folter werden Geständnisse erpresst, weil man ein Geständnis braucht, nicht weil man herausfinden will, wie es wirklich war. Folter ist und bleibt ein reines Machtinstrument und hat in einem Rechtsstaat nichts zu suchen. Und wer das nicht versteht, hat ein Rechtsstaat nicht verdient.

Und es gilt immer noch „two wrongs don’t make a right“. Es ist falsch ein Kind zu entführen und zu ermorden und „Androhung von Folter“ ist nahezu nichts im Vergleich, aber es ist nun mal nicht korrekt. Man darf doch nicht was Falsches tun, nur weil jemand anderes was unfassbar Schlimmeres getan hat. Man darf Gäfgen ja auch nicht ungestraft die Fresse polieren. Man darf eben niemand die Fresse polieren (außer der BILD-Zeitung).

Man kann ja verstehen, dass viele wütend sind, dass es so gekommen ist, dass jetzt Gäfgen anscheinend auch noch „belohnt“ wird, da so eine Tat natürlich ein Ohnmacht, eine Wut und einen Hass auslöst. Aber deswegen wurde er ja auch verurteilt. Die Wut sollte sich lieber gegen den Polizisten richten, der mit seiner Folterandrohung Gäfgen überhaupt die Möglichkeit gegeben hat, loszulegen. Evtl. hat der Vorfall im ursprünglichen Gerichtsverfahren der Verteidigung auch ein Werkzeug in die Hand gelegt, ich meine mich zu erinnern, dass das so war. Wurde der Polizist eigentlich vom Dienst suspendiert? Ich hätte nämlich Angst, in einem Land zu leben, in dem Polizisten nicht allerhöchsten moralischen Ansprüchen genügen müssen.

UPDATE: Ich habe mich gerade genauer über die juristischen Aktionen Gäfgens erkundigt und meine Meinung hat sich ein wenig geändert. Selbstverständlich hat Gäfgen das Recht alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, jedoch ist seine herangehensweise, auch in Verbindung mit dem Buchdeal und der Stiftung sehr strange und widerwärtig. Auch wurde von Gäfgen unabhängig ein Verfahren gegen die Polizisten wegen der Foltervorwürfe eingeleitet, in dem sie schuldig gesprochen wurden. Das reicht mir eigentlich völlig, um den Glauben in den Rechtsstaat zu behalten.

Wo ist Gott, wenn man ihn mal braucht?

Gastartikel von Harry Kayne

Ein absolut lesenswerter Artikel von Harry Wayne aus seinem sehr empfehlenswerten Blog „Wörterkraftwerk„. Abdruck mit Genehmigung.

Ei, da hat unser liebste geistig verwirrte Eva Herman ein wirklich hübsches Thema angeschnitten. Die Toten auf der Loveparade seien eine Strafe Gottes, meinte sie sinngemäß und sinnentleert auf der Webseite ihres Verlags.

Nur scheint das zurzeit das einzige Lebenszeichen unseres Allmächtigen zu sein, das er von sich gibt. Alles andere, was auf unserer miesen Erde passiert, scheint er irgendwie ganz prima zu finden.

Wie ist es sonst zu erklären, dass Gott den Kinderfickern aus der katholischen Kirche nicht per Gottesdekret die Eier verschrumpeln lässt. Verdient hätten sie es ja. Wer seinen Lümmel in Kinder steckt, macht sich selbst zum Lümmel. Aber nein, die Kirche will das intern regeln. Weg mit dem lästigen Staatsanwalt. Für Gottesdiener gelten irdische Gesetze nicht. Und Gott schaut zu und grinst.

Okay, den Investmentbankern hat Gott immerhin ein kleines nettes bisschen per Finanzkrise in den verschnöselten Arsch getreten. Aber leider nur ganz kurz. Und nun? Sie zocken weiter, als wäre nichts gewesen. Sie freuen sich über die Dürre in Deutschland und kaufen Weizen, um ihn teurer weiterverkaufen zu können. Und sie zahlen sich wieder fette Boni. Nichts passiert. Geht es noch unchristlicher? Könnte Gott bitte die Herren beim iPhone-Telefonieren, mit dem Porsche Rasen oder einfach nur beim Scheißen mal komplett abräumen? Wäre wirklich nett.

Mensch Gott, alte Pestbeule. Du siehst tatenlos zu, wie Westerwelle Außenminister wird, Idioten mit Turban unschuldige Menschen zersprengen, Menschen den Golf von Mexiko verseuchen, Typen wie Klaus Zumwinkel sich den Arsch vergolden und dem normalen Steuerzahler freudig ins Gesicht lachen, nur weil sie so blöd sind, Steuern zu zahlen. Du lässt das alles einfach zu.

Früher hieß es noch, Gottes Mühlen mahlen langsam. Heute stehen sie still. Blöder Arsch.

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