Ich hatte einen großen Spaß, als ich gerade das heute-journal mit einer ungewöhnlich langsam sprechenden Marietta Slomka sah, die über das Ergebnis der Volksabstimmung zu Stuttgart21 berichtete und eine Gespräch mit diesem netten neuen schwäbelnden Chef von Baden-Württemberg. Großes Kino.

Ich hatte zu Stuttgart 21 nie eine Meinung, der Engel auf meiner Schulter zeigte Verständnis für die Demonstranten, aber Sieger blieb jetzt der Teufel auf meiner anderen Schulter. Der ist happy, dass die Abstimmung jetzt für die Baustopp-Gegner, also im Sinne der Gegner der Gegner ausging.

Dann können die Stuttgarter Bürger ihre ganze Wut vielleicht mal in wirklich wichtige Dinge stecken, mal gegen soziale Ungerechtigkeit, Rassismus, für Menschenrechte, gegen Kriege, Todesstrafe, was weiß ich und nicht ob da nun jemand was baut oder nicht. Außerdem gibt es noch zu diskutieren, wer wann den Hausflur zu putzen hat, da ist man doch schon genug beschäftigt.

Aber ich fand vor allen Dingen, die Zahlen so interessant – weil ich einer der letzten verbliebenen Gegner von all zu vielen Volksabstimmungen bin und „direkte Demokratie“ und solche Schlagworte für falsch halte – das ist alles nur Show. Wahlen sind wichtig. Ultrawichtig, er nicht wählt, ist ein Depp. Volksabstimmungen sind keine Wahlen, wenn jemand nicht zu einer Volksabstimmung geht, ist es ihm vielleicht egal ob ein Bahnhof in Stuttgart gebaut wird, oder nicht.

Also wenn man mal alles zusammen zählt, kommt ungefähr raus: ca. 20% gegen den Bau von Stuttgart 21, 28% für den Bau, 52%, absolute Mehrheit, ist es scheiß-egal. Und das bedeutet tatsächlich nicht nur, dass man kein Interesse hat, vielleicht weiß man auch einfach nicht, wie man sich entscheiden soll. Da ist es vollkommen legitim, nicht zur Abstimmung zu gehen. Ganz im Gegensatz zu einer Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahl, wo jeder, der wählen darf, seinen Arsch hochkriegen sollte oder für alle Ewigkeit die Klappe halten sollte.

Aber ein frommer Mensch wer jetzt denkt, die Volksabstimmung würde – egal wie sie ausgeht – irgendwas verändern. Die Demonstranten haben schon angekündigt, weiter zu machen und die Bahn hat schon angekündigt, die Sache mit dem Kostendeckel nicht zu akzeptieren. Und dass ein Unternehmen mehr Macht hat, als ein Bundesland ist ja auch nichts Neues mehr.