Angeberuhren

Gastartikel von Christian Gottschalk

Eigentlich halte ich mich ja für relativ pfiffig. Neulich habe ich sogar mal beim Scrabble gewonnen. Dennoch gibt es eine Menge Dinge, die auch ich nicht verstehe. Warum gibt es Armband-Uhren wie die »Seamaster Professional«, die bis 300 Meter wasserdicht sind. In der Hitliste der Gegenstände, die einem 300 Meter unter der Wasseroberfläche überhaupt nicht weiterhelfen, kommt die Armbanduhr gleich hinter dem Tauchsieder und der Fachzeitschrift »Fisch und Fang«, wobei ich zugeben muss, dass die Rangfolge in der Hitliste der Gegenstände, die einem 300 Meter unter der Wasseroberfläche überhaupt nicht weiterhelfen, einer gewissen Willkür unterworfen ist. Nützliche Gegenstände in 300 Meter Wassertiefe sind Tauchkugeln oder Atom-U-Boote. Konventionell betriebene U-Boote pflegen sich nämlich in Tauchtiefen bis 150 Metern aufzuhalten. In Tauchkugeln und Atom-U-Booten kommt man aber mit einer herkömmlichen Tschibo-Uhr zurecht, weil die Drücke, die dort im Normalbetrieb herrschen, mit denen in einem Stehcafé vergleichbar sind. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Taucher tauchen nicht tiefer als dreißig Meter, selbst mit einem Taucherhelm kann man allenfalls 60 Meter tief tauchen.

Sir Peter Blake, der in einer Anzeige für die »Seamaster Professional« wirbt, ist allerdings kein Taucher, sondern ein neuseeländischer Segelsportler, und zwar von jener Sorte, die auch schon mal mit dem Segelboot die Welt umrundet. Intelligenterweise sollte seine Uhr also ab einer Wassertiefe von 10 Metern stehen bleiben, so dass sie, wenn Herr Blake mal verunglückt und für den Fall, dass sein Leichnam gefunden wird, wenigstens über den Todeszeitpunkt Auskunft geben kann. So hat es der diensthabende Pathologe einfacher, für den Wasserleichen kein leichtes Brot sind. (Solche Bilder sollte man im Journalismus übrigens nicht verwenden, es sei denn, man möchte im Hohlspiegel landen.) Ansonsten wird der Pathologe vor Ort vermutlich einen Spezialisten für Würmer hinzu beordern müssen, und da wird die Geschichte dann auch langsam zu einer Kostenfrage. Nur weil Herr Blake so eine Angeber-Uhr tragen musste.

3 Kommentare

  1. loela

    Geht das nur mir so, dass ich erstmal an der Überschrift festgehangen bin? Angeb-Eruhen? Angebe-Ruhen? ach, so, ja, jetzt, ja…
    vermutlich bin ich wegen den vielen Deppen Leer Zeichen keine „langen“ Worte mehr gewohnt :o)

    PS: Guter Artikel, Christian!

  2. Muriel

    Mir gefällt der Artikel auch, aber ich gehöre zu diesen Leuten, die machnmal das Bedürfnis haben, ihr unnützes Wissen irgendwohin zu kippen:
    Ich weiß nicht, ob es jemanden interessiert, aber der Hintergrund ist sicherlich, dass diese Angaben grob irreführend sind. Eine Uhr, die als „Water Resistant 50m“ bezeichnet ist, ist beispielsweise zum Gerätetauchen nicht geeignet. Weil die Angabe, wenn ich das richtig verstehe, nicht die mögliche Tauchtiefe angibt, sondern die Höhe der Wassersäule, unter deren Druckäquivalent die Uhr ein paar Minuten lang getestet wurde.
    Wer also gerne mit Helium-Sauerstoff-Gemischen tieftaucht, der benötigt tatsächlich eine Uhr, die nominal bis zu 300m wasserdicht ist, auch wenn er tatsächlich nicht mal annähernd 100m erreicht.

  3. Asmodeus

    Mal so zur Info. 😀
    http://www.schmuckecke.de/uhrmacher/din.html

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