Es war offene Bühne in einer Bar. Ich begleitete, anscheinend als einziger heterosexueller Mann, zumindest als einziger heterosexueller Mann ohne Freundin, die er fest umklammern könnte, den Abend am Klavier, die Zwischenmoderationen, etc. Außerdem versuchte ich mehr oder weniger erfolgreich den CD-Player zu bedienen. Wie dem auch sei, nachdem ein unglaublich stimmgewaltiger Travestiekünstler „Oh, happy Day“ gesungen hatte, war auch prompt das Ordnungsamt da. An einem Freitag, wenige Minuten nach 22 Uhr. Es gibt in Deutschland tatsächlich Anwohner, die mit der Satellitengeeichten Uhr voller Spannung vor dem Telefon sitzen, auf dem die 110 schon einprogrammiert ist.
Wie dem auch sei, das Ordnungsamt kam nicht zu zweit, nein, zu fünft! Allesamt rundliche Damen, die mich erschreckenderweise Haargenau an die Postschalterbeamtinnen erinnerten mit denen ich immer meinen Ärger hatte. Das erste was ich sagte war auch „Nein, ich spiele kein Lotto“, aber den Scherz verstand niemand.
Dann schaute ich mir die Ordnungshüter mal genauer an. So saubere und feine Uniformen hatte ich noch nie gesehen. Die haben sich herausgeputzt. Der Grund war auch klar, das Fernsehen war da. Ja, das Privatfernsehen.
Ich wollte auf das Kamerateam zustürmen und loslegen:
„Oh, wow, schämt ihr Euch nicht? Was gibt es denn jetzt für eine neue Spießer/Langweil-Sendung? „Ordnung muss sein – auf Tour mit den Ordnungshütern“? Ihr Schwachmaten habt auch keine Idee mehr, was im Fernsehen laufen sollte, damit man NICHT abschaltet, wie? Was macht ihr als nächstes? „Deutschland, Deine Vorgärten – der Gartenzwerg-Report“? „Die schönsten Fahrkartenkontrollen der letzten Jahre“? „Erwischt – Leute, die bei rot über die Ampel gehen mit versteckter Kamera gestellt“?
Wie gesagt, ich wollte. Aber der Veranstalter hielt mich zurück, bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte.
Die Ordnungshüter ließen sich allerdings nicht provozieren, sie wollten ja gut dastehen. Die eine Drag-Queen fragte die eine Ordnungshüterin, ob sie sich nicht schämen würde, auf der Straße zu arbeiten, und wurde prompt nach Ossendorf beordert eine Aussage zu machen.
Also bliesen (blusen? blasten?) wir die Veranstaltung ab. Nach ca. 10 Minuten kamen die Ordnungshüter wieder. Es täte ihnen leid, sie hätten sich geirrt, es ginge gar nicht um unseren Lärm, sondern um ein Nachbarhaus, wo eine Privatparty liefe. Wir könnten weitermachen.
Natürlich ging das nicht mehr, denn mittlerweile war da die Stimmung im Arsch – wobei, in einer Schwulenkneipe ist das ja Usus.
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