Mit 40 kg Platten bepackt verließ ich meine Wohnung. Ich hatte meine ganze Sammlung bei Ebay versteigert, und wollte die Pakete nun zur Post bringen. Auf dem Weg nach draußen hielt ich zunächst bei meinem Briefkasten an. Eine Rechnung der „Laboratoriumsmedizin Köln“ wegen der Blutuntersuchung für meine Hepatitis-Impfung. Adressiert an „Manuela Wolff“. Wenn die noch nicht mal mein Geschlecht richtig identifizieren können bezweifle ich ja wohl, dass die eine ordentliche Blutuntersuchung machen können. Oder sie wissen etwas, was ich nicht weiß, aber heute Morgen in der Dusche war noch alles an mir dran. Die Rechnung würde ich zurückschicken, aber erst mal weiter zur Post.

Auf dem Weg zur Post, kam ich an einem Zeitungskiosk vorbei, und mir fiel der Schandfleck des Journalistenberufs, die Bildzeitung auf. Sowieso, da Springer jetzt Sat.1/Pro7 aufkauft, kann man das jetzt auch nicht mehr schauen. War zwar vorher auch nicht anders, aber wer jetzt noch glaubt, der Bürger hätte bei der Wahl im September mit seiner Stimme auch noch irgendwas zu sagen, der kennt die Macht von Springer nicht. Wie dem auch sei, 9.live gehört übrigens auch zu dem Paket. Die große Schlagzeile des Tages war – als ob die Welt sich in den letzten zwei Jahren nicht weiter gedreht hätte – Daniel Küblböck. Angeblich hatte er mit einem Typen nicht nur schlimmen Telefonsex (wie soll man denn bei Küblböcks Stimme geil werden?), sondern auch Sex im Auto! Eine Schande ist das! Pfui! Dabei ist der noch nicht mal verheiratet! Oder was will uns die Bild-Zeitung mitteilen? Später prüfte ich die Details in der Online-Ausgabe der Zeitung: „Ich habe Daniel geböckt“. So ein 22-jähriger Fließbandarbeiter – da haben wir also die Verbrecher, die Küblböck am Leben erhalten – hatte sich von dem Daniel den Schwanz lutschen lassen, nachdem er ihn auf einer Kontaktseite für Männer im Internet anonym kennen gelernt hatte. Jetzt aber der Hammer: „Ich bin nicht schwul, aber ich konnte mich Daniel nicht entziehen“. Ja klar.

Aber es gibt ja wichtigere Dinge, wie auf der Titelseite weiter oben stand. Da stand in etwa: „Im Linienbus 8 Menschen von verrücktem Messerstecher (wahrscheinlich Italiener) verletzt. 4 davon schwer.“ Oh ja, das muss ein Italiener gewesen sein. Und das muss noch mal betont werden. Und wenn es kein Italiener war, dann eben ein anderer Ausländer. Deutsche machen so was nicht, Deutsche vergraben nur ihre Babys im Garten, aber nicht so was, nein nein.

Weiter ging meine Reise, und zwar zur Deutschen Bank, natürlich geschlossen, aber ich brauchte ja nur den Geldautomaten. Neben ihm stand ein Papierkorb über dem stand: „Liebe Kunden, aus Sicherheitsgründen bitten wir sie die Kontoauszüge nicht in den Papierkorb zu werfen.“ Gut, da hab ich meine Kontoauszüge eben neben den Papierkorb geworfen. Ist sicherer.

Und endlich kam ich zur Post. Leider geschlossen. „Aufgrund einer Inventur hat unsere Filiale am Dienstag den 9.8. von 10 bis 18 Uhr geöffnet“. Ähm … normalerweise bekommt man ja gesagt, wann die Filiale geschlossen hat, aber 3 Tage Inventur ist schon heftig. Und was ist mit Mittwoch dem 10.8.? Da hat die Filiale wieder geschlossen? Die 40 Kilo Schallplatten wurden langsam schwer, aber die nächste Filiale sei in der Roonstraße, informierte mich der Aushang. Das ist ungefähr 723 Kilometer weit weg! So eine Scheiß-Stadt, noch nicht mal ein paar Postfilialen haben die. Und da latsch ich jetzt nicht hin, um dann festzustellen, dass die auch gerade Inventur machen, Samstags schon um 1 Uhr zu machen, gerade Mittagsschlaf machen, die Briefmarken alle sind oder sie einfach gerade keine Lust haben, mich zu bedienen.

Also dackelte ich mit meinen 40kg Schallplatten wieder zurück nach Hause. Immerhin gutes Bizeps-Training.