Tag: 31. März 2009

aktualisiert: Nach Belgien mit der Bahn – eine Odyssee in 17 Akten


Da ich in Kürze nach Belgien muss (siehe hier), habe ich versucht, Fahrkarten bei der Bahn zu kaufen:

Akt 1: Ich gehe auf bahn.de, gebe in der Suchmaske meine gewünschten Reisedaten für die Hinreise Köln – Leuven ein. Ich erhalte die Hinweise „Gesamtpreis nicht ermittelbar“, aber gleichzeitig „zur Buchung“ und „Rückfahrt hinzufügen“. Stutzig drücke ich erst einmal auf „Rückfahrt hinzufügen“ und gebe die Daten der Rückfahrt ein.

bahn1

Akt 2: Ich erhalte 3 Fahrt-Alternativen zur Auswahl:
– „Gesamtpreis nicht ermittelbar / zur Buchung“
– „Unbekannter Auslandstarif / zur Buchung“
– „Preisauskunft nicht möglich / zur Buchung“

Mich beschleicht der Verdacht, die wollen mir ein Ticket verkaufen, ohne mir vorher den Preis zu nennen. Ist so etwas nicht illegal? Kommt da kein Verbraucherschutzverein in die Quere? Ich entscheide mich, mal „zur Buchung“ zu drücken, um zu sehen, was passiert.

Akt 3: Jetzt wollen die auch noch mein Alter wissen. Ich erhalte: „Bitte geben Sie hier das korrekte Alter der Reisenden ein – dies ist erforderlich für die Preisberechnung des Auslandstarifs (es gelten länderspezifische Altersgrenzen)“

So? Es gibt Länder, wo ein 35-jähriger günstiger reist, als ein 45-jähriger? Und wenn ich jetzt mein Alter eingebe, wird mir der Preis gesagt? Immerhin, einen Versuch ist es wert, vielleicht wird mir dann ja endlich der Fahrtpreis gesagt.

Akt 4: Ich habe mein korrektes Alter eingegeben und lande wieder bei Akt 2. ich erhalte noch einmal die Rückfahrtmöglichkeiten aufgelistet: „Gesamtpreis nicht ermittelbar“, „Unbekannter Auslandstarif“, „Preisauskunft nicht möglich“. Mit der Anzahl der Klicks bis jetzt, hätte ich bei amazon.de schon 5 Bücher bestellen können und hätte auch den Preis erfahren. Ich drücke dennoch „Buchung durchführen“.

Akt 5: Ich kann tatsächlich bestellen, ohne dass mir der Preis gesagt wird! Ich erhalte „Preisauskunft nicht möglich“, und kann mir trotdem das Ticket per Post schicken lassen. Immerhin erfahre ich, dass das zusätzliche € 3,50 kostet – was auch schon wieder Wucher ist, denn so einen Brief zu verschicken kostet höchstens 55 Cent. Also bekommt die Bahn noch einmal € 2,95 geschenkt, dafür dass ich was bei denen kaufe – verkehrte Welt. Über ein „Freitextfeld“ kann ich meine Wünsche an das Servicepersonal eintragen, außerdem bekomme ich den Hinweis: „Die Preisermittlung unter Einbezug aller Sparangebote kann erst im Servicecenter erfolgen.“

Akt 6: Mir ist das zu riskant, ich möchte zuerst wissen, was ich bezahlen muss und bin mir nicht sicher, ob die mich noch kontaktieren, wenn ich buche, oder mir dann einfach was sauteures buchen, schließlich gibt es ja Millionen Tarife zur Auswahl, dank der beliebigen Sitzplatzkontingente-Spielereien. Mir kommt fast vor, dass die Mafia ehrenwertere Herren sind. Ich konsultiere die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ um herauszufinden, ob ich mich zum Kauf verpflichte, wenn ich jetzt auf „weiter“ klicke: Bedeutet „weiter“, dass die Buchung damit abgeschlossen wird oder dass ich danach noch einmal (zum 4ten Mal?) bestätigen kann/muss/darf? Ich finde nichts, was darauf hinweist, dass ich die Karte nicht bezahlen muss, wenn mir vorher der Preis nicht genannt wird und beschließe, das Ticket erst mal nicht zu kaufen und mich an die Bahn direkt zu wenden.

Akt 7: Jetzt gibt es was zu lernen. Wenn man die Bahn über bahn.de kontaktieren will, fällt es ziemlich schwer. Man kann sich durch FAQs blättern, man kann hoffen, das richtige Kontaktformular zu finden, um irgendwem eine Nachricht zu hinterlassen, oder man kann eine kostenpflichtige Nummer anrufen, was genauso bescheuert ist, wie kostenpflichtige Einkaufswagen im Supermarkt. Wer ist denn hier der Kunde und wer will wem was verkaufen? Die Adresse, um einfach eine E-Mail zu verschicken, sucht man vergeblich, denn daran kann die Bahn ja nichts verdienen. Es gibt sie aber: fahrkartenservice@bahn.de und für so richtige Beschwerden kundendialog@bahn.de – Außerdem hatte ich bereits mit bahncard@bahn.de und bahncard-service@bahn.de zu tun.

Merkt Euch also, diese Adressen, damit kommt ihr wenigstens kostenlos ein wenig schneller ans Ziel, wenn ihr mal wieder Trouble mit der Bahn habt.

Akt 8: Ich schreibe also an die Adresse eine tierisch lange Hass-Tirade, frage nach: „Ich kann doch nicht blind dem zustimmen, ohne zu wissen, wie viel das Ticket kosten wird?“, beschwere mich über den Zeitaufwand und fordere, „dass sie schleunigst ihren Internetauftritt und die AGBs ändern, damit so eine Verwirrung nicht weiter stattfindet.“

Akt 9: Ich erhalte Antwort, unter anderem:

„Für Ihre Internetbestellung wird von uns selbstverständlich der günstigste Preis ermittelt. In der Bestellmaske können Sie zudem im Feld „Wünsche an das Servicecenter“ vermerken, dass Sie für die gewählte Verbindung zunächst eine unverbindliche Preisinformation haben möchten. Unser Service-Team wird Ihnen dann den entsprechenden Preis nennen und erst nach Ihrer ausdrücklichen Zustimmung die Fahrkarte ausstellen.

Um den Gesamtpreis Ihrer Reise ins Ausland vorab zu erfahren, können Sie auch unsere Kolleginnen und Kollegen beim DB Reise-Service über die Rufnummer 0180 5 99 66 33 (14 ct/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk ggf. abweichend), unseren DB Reisezentren oder den DB-Agenturen kontaktieren.“

Da war sie wieder, die kostenpflichtige Rufnummer. Ich tue dennoch, was mir gesagt wurde, führe die Bestellung durch und vermerke in dem Feld, dass ich bitteschön den Fahrpreis erfahren möchte. Das war am 15.3.

PAUSE: Ich höre 7 Tage lang nichts, aber auch gar nichts von der Bahn

Akt 10: Am 22.3. logge ich mich auf bahn.de ein und schaue in die Buchungsrückschau. Dort entdecke ich meine Buchung und es wird der Status „unbearbeitet“ angezeigt. Ich schreibe wieder an den Fahrkartenservice, u.a.: „Macht das Reisezentrum gerade Urlaub oder was ist da los?“

Akt 11: Ich erhalte Antwort:

„Ihre Reise kostet 46 Euro. Der Thalysfahrschein gilt bis Leuven. Bitte setzen Sie sich mit unserem Servicecenter in Verbindung, das Sie täglich von 07:30 – 21:00 Uhr über die Rufnummer 0180 5 10 11 11 (14 ct/Min. aus dem Festnetz, Tarife bei Mobilfunk ggf. abweichend) erreichen.“

Moment mal. Den ganzen Stress da oben habe ich doch gemacht, um dem Anruf bei der kostenpflichtige Nummer zu entgehen? Ich begab mich auf eine mehrtägige Odyssee, um wieder am Anfang zu landen? ich schreibe zurück:

„Ja, das ist doch nett. Ist der Fahrschein nun bestellt oder nicht? wenn ja, wieso soll ich denn dann noch anrufen? Wenn nein, wieso habe ich dann auf „Buchung durchführen“ gedrückt? Eine telefonische Bestellung hätte ich auch ohne das Internet durchführen können. Genau um das zu umgehen, habe ich doch auf bahn.de bestellt. Was ist nun los?“

Akt 12: Weil ich keine Antwort erhalte, dafür aber langsam Panik bekomme, rufe ich doch im Service-Center an. Die dunkle Seite der Macht hat gewonnen. Ich frage, was „Ihre Reise kostet 46 Euro. Der Thalysfahrschein gilt bis Leuven.“ bedeutet. Ist das Ticket also bestellt? Ich werde informiert, dass es noch nicht bestellt sei und der Kollege mich gefragt hätte (in der Mail), ob ich es zu den Konditionen haben wolle. Ich lese der Frau am Telefon die Mail vor, um ihr klar zu machen, dass da keine Frage drin stand. Die Frau sagt mir, dass das das aber bedeute, auch wenn da was anderes stehe. Ich erkläre der Frau, dass wenn ich „Arschloch“ sage, es nicht „Arschloch“, sondern „Auf Wiedersehen“ bedeutet, und hänge auf.

Akt 13: Ich rufe noch einmal an, weil ich vergessen habe, zu sagen, dass ich das Ticket haben will. Die Frau sagt mir: „Das Ticket wird Ihnen nun zugeschickt“ und ich hoffe, dass das das auch bedeutet und nicht etwa „Arschloch“.

Akt 14: Einen Tag später erhalte ich das Ticket in der Post. Noch einen Tag später erhalte ich eine E-Mail vom Fahrkartenservice und zwar zwei Mal:

„Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,

Ihre Mail befindet sich noch bei uns in Bearbeitung. Bitte entschuldigen Sie die Verzögerung. Sie erhalten in Kürze eine Antwort von uns.

Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.“

Akt 15: Ich informiere den Fahrkartenservice, dass ich das Ticket verdammt nochmal schon in den Händen halte, aber gleichzeitig:

„Allerdings ist das Ticket bis nach Liege ausgestellt, ich habe aber bis Leuven gebucht.“ und „Wann meine Rückfahrt in Leuven los geht, weiß ich auch nicht, denn das steht auf dem Ticket nicht drauf, da es ja nur ab Liege gebucht ist.“

Akt 16: Ich erhalte eine Antwort:

„Sehr geehrter Herr Wolff,

vielen Dank für Ihre Rückfrage.

Ihre Buchung wurde am 26.03.2009 bearbeitet und zum Postversand aufgegeben.

Es würde uns freuen, Sie auch weiterhin auf unseren Seiten und in unseren Zügen begrüßen zu dürfen.“

Ich zertrümmere Einrichtungsgegenstände und mache mir erst mal einen Kaffee.

Akt 17: Bahnchef Mehdorn tritt zurück

Anrufbeantworter aus Verzweiflung


Der Text:
Anrufbeantworter aus Verzweiflung

Morgen. Wenn ich Kaiser von Deutschland wäre, dann würde ich verbieten, anzurufen und nichts auf dem Anrufbeantworter zu lassen. Ich glaube, ihr kennt das Problem auch. Mein Telefon ist so eingestellt, es klingelt vier mal und wenn dann niemand ran geht, um die Leute nicht lange warten zu lassen, geht der Anrufbeantworter an und dann kann man eine Nachricht hinterlassen.

Meist ist es aber so: Ich liege im Bett, ich bin auf Toilette oder ich bin unter der Dusche und das Telefon fängt an zu klingeln und dann schaff ich es natürlich gerade mal so nicht nach vier Klingeln an den Apparat zu gehen, aber bin zu Hause. Der Anrufbeantworter geht an und die Person am anderen Ende legt auf, weil sie nicht auf Anrufbeantworter sprechen will.

Ich würde das untersagen. Es ist auch so, ich denke dann, vielleicht geht mir ein Auftrag durch die Lappen, oder ein neuer Job oder was weiß ich, ich werde gebraucht irgendwo, oder jemand will irgendwas von mir oder meine Leben ändert sich zum Besseren, wenn ich diese Person am Telefon hätte, aber – leider verpasst. Und deswegen denke ich, also ich habe ja dieses Uralt-Telefon, das ist ja noch von als es diese privaten Dinger noch gar nicht gab, als man die Telefon nur von der Telekom bekommen hat und da wird auch nicht gezeigt, wer angerufen hat, also es kann ja die Nummer angezeigt werden. Deswegen kann ich auch keinen erbitterten bösen Anruf zurück machen, allerdings, wenn ich so ein TELEFON hätte, dass die Nummer erkennen könnte – es gibt ja auch diese Rufnummernunterdrückung und wichtige Leute tun natürlich die Rufnummern unterdrücken, deswegen denke ich mir, müssen wir mal jetzt einen neuen Anrufbeantworterspruch auf mein Telefon drauf sprechen, damit das nicht passiert. Okay? Machen wir mal…

„Bitte, bitte, nicht auflegen, nein, nein! Ich könnte ja zu Hause sein, bitte, bitte! Auf den Anrufbeantworter sprechen, sonst entgeht mir dieser wichtige Anruf für alle Zeiten.“

Ich glaube, das war nicht gut.

„Meine Damen und Herrren, nicht auflegen. Ich bin zu Hause.“

„Ach so, ja, hier ist Manuel Wolff“

Jetzt machen wir nochmal.

„… deswegen bitte ich um Rücksicht und auf jeden Fall eine Nachricht auf den Anrufbeantworter zu hinterlassen, denn es könnte ja wichtig sein. Oder wenn es nicht wichtig ist und ich das Klingeln mitkriege, dann denke ich vielleicht es wäre wichtig und werde mich den ganzen Tag schlecht fühlen, dass ich den Anruf nicht mitbekommen habe. Natürlich könnte es auch sein, dass ich wirklich nicht zu Hause bin, aber auch dann schadet es nicht eine Nachricht zu hinterlassen, damit ich dann zurückrufen kann…“

„Manuel Wolff, ich bin gerade unter der Dusche, liege noch im Bett oder bin tatsächlich nicht zu Hause. Deswegen bitte ich eine Nachricht zu hinterlassen und wer keine Nachricht hinterlässt ist doof. Ansonsten bin ich unter meiner Mobiltelefonnummer 0…“

… manchmal dauert es nur ein wenig.

© 2025 uiuiuiuiuiuiui.de

Theme by Anders NorenUp ↑